Im Interview: Sören Richardt, Busfahrer aus Thüringen

Die Krise trifft die gesamte Busbranche hart. Viele Busunternehmer kämpfen ums Überleben, denn ihre Existenzen stehen auf dem Spiel. Aber nicht nur Busunternehmer wissen aktuell nicht mehr, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen. Auch Busfahrer leiden unter der aktuelle Situation und möchten wieder auf die Straße. Einer davon ist Sören Richardt. Er hat sich bereit erklärt über seine aktuelle Lage und über seine Zukunftsängste zu sprechen.

Wie heißt du? Woher kommst du?

Sören Richardt: Ich heiße Sören Richardt, bin 24 Jahre alt und komme aus dem schönen Eichsfeld in Thüringen.

Bist du Busunternehmer oder arbeitest du in einem Busunternehmen?

Sören Richardt: Ich bin kein Busunternehmer, sondern als Busfahrer in einem kleinen Busunternehmen namens Hoppe Reisen GmbH angestellt. Das Unternehmen hat ihren Sitz in Bad Liebenwerda und fährt viele Schülerreisen sowie für den allgemeinen Reiseverkehr. Wir haben leider keine Linienbusse und daher sind aktuell alle Mitarbeiter in Kurzarbeit.

Wie erlebst du die aktuelle Situation?

Sören Richardt: Ich erlebe die Situation aktuell als sehr schwierig, da das Busunternehmen, in dem ich arbeite, kurz vor dem Aus steht. Aus diesem Grund ist nicht nur mein Job in Gefahr, sondern alle anderen Existenzen von Hoppe Reisen stehen aktuell auf dem Spiel. Ich habe erst dieses Jahr zu Hoppe Reisen gewechselt, da das Busunternehmen sehr familiär und auch sehr kollegial ist. Wir sind alle Freunde und daher ist es für mich sehr schwer zu sehen, wie das Unternehmen durch die aktuelle Krise um das Überleben kämpft. Ich vermisse das Reisen sehr und ich bin auch ein Mensch, der nicht Zuhause sitzt und nichts unternimmt. Leider ist es aktuell nicht möglich zu arbeiten, auch wenn ich es mir sehr wünsche!

Welche Maßnahmen musstest du in der Krise treffen?

Sören Richardt: Ich musste leider mein Auto und auch mein Motorrad abmelden. Ich bin sehr froh, dass wir das Kurzarbeitergeld bekommen, aber leider reicht es nicht immer aus und ich bin gezwungen viele Nebenkosten einzusparen. Zudem bin ich zu meinem Vater gezogen, um weitere Kosten zu sparen, da ich mir aktuell keine Wohnung leisten kann. Momentan bin ich auch dabei einen LKW-Führerschein zu machen, welchen ich allerdings aus eigener Tasche bezahlen muss, da das Arbeitsamt mir keine Zuschüsse oder Maßnahmen bezahlt. Und das obwohl ich mich bei vielen Unternehmen beworben habe, die mir einen Nachweis gegeben hätten, dass ich bei ihnen sofort anfangen könnte.

Was wünschst du dir konkret von der Politik?

Sören Richardt: Ich wünsche mir schnelle und vor allem unkomplizierte Hilfe für Unternehmen aber auch für Arbeitnehmer. Zudem benötigen wir finanzielle Soforthilfen und die Stundungsgebühren müssen aktuell entfallen.
Ich wünsche mir Unterstützung bei Hilfskrediten und dass diese ebenso für kleine Unternehmen sowie junge Unternehmen problemlos greifen.
Die Grenze von zehn Mitarbeitern finde ich ist eine schlechte Idee, da es viele kleine, tolle Unternehmen gibt, die bereits ihre Existenz und ihren gesamten Familienbetrieb verloren haben, den sie in der zweiten, dritten oder sogar vierten Generation führen. Unter dieser Belastung leiden die Inhaber nicht nur finanziell, sondern auch psychisch.
Zusätzlich wünsche ich mir, dass die Banken besser mitspielen und das veraltete Schufa-Einträge nicht berücksichtigt werden, da es den Unternehmen zum Großteil in der Vergangenheit gut ging, bevor Corona uns das Leben zur Hölle gemacht hat.
Wir müssen wieder rollen, um Geld zu verdienen!
Dabei geht es auch nicht nur um das Busgewerbe, sondern auch darum, dass Hotels, Kneipen, Restaurants, Ausflugsboote – und busse, Reisebüros und viele mehr, die einen Bezug zum Reiseverkehr haben, ihren Betrieb wieder aufnehmen können. Alle Bereiche müssen die Chance bekommen, ihre durch Corona aufgebauten Schulden wieder tilgen zu können. Es verlieren tausende Menschen ihren Job und das muss von der Politik geändert werden. Es sollen nicht nur große Unternehmen gefördert werden, die Milliardengeschäfte machen, sondern auch kleine und mittelständische Unternehmen. Ich wünsche mir einfach, dass die Politik uns nicht vergisst und endlich etwas unternimmt!

Was wird sich durch die Krise innerhalb der Busbranche ändern? Was wünschst du dir für die Zukunft?

Sören Richardt: Viele kleine Unternehmen im Tourismusbereich, wie z.B. Rasthöfe, Hotels und Restaurants schreiben aktuell keinen oder noch zu wenig Umsatz, da wir, die Gäste, die reisen möchten, leider nicht fahren können. Viele kleine und mittelständische Unternehmen sind bereits insolvent und es werden noch sehr viele folgen.
Ich wünsche mir einfach, dass wir schnellstmöglich eine zuverlässige Aussage der Politik bekommen, wann es für uns weitergeht. Zudem brauchen wir aber die Zusage der Politik, welche Art von Hilfe wir bekommen, um überhaupt noch durchhalten zu können. Ich wünsche mir eine gesicherte Zukunft und dass ich die Kollegen endlich wieder auf den Parkplätzen und Hotels wiedersehe. Auch meine Freunde möchte ich endlich wieder sicher von A nach B fahren.

Angenommen wir sind im Jahr 2040, wie fahren wir dann Bus?

Sören Richardt: Das ist eine sehr schwere Frage, wir wissen leider nicht, wie die Technik voranschreitet und wir wissen auch nicht, wie die Lage in Europa sein wird. Ich wünsche mir aber viele schöne Fahrten, die ich als Fahrer auch noch eingeständig fahren kann. Ich kann mir aktuell nicht vorstellen, dass meine Fahrten durch autonomes Fahren ersetzt werden.  
Im Jahr 2040 sollen wir einfach wieder Spaß am Reisen haben und ich hoffe, dass es nie wieder so wird wie es aktuell ist!

Lieber Sören, wir danken dir sehr für das Interview und deine offenen Worte! Ebenfalls ein herzliches Dankeschön für die Bereitstellung des Bildmaterials aus Berlin (obiges Bild) anlässlich des bundesweiten Aktionstages am 27.05.2020 unter dem Motto #busretten.

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