Gibt es eine Anschnallpflicht im Bus?

Anschnallen bitte! Im Auto legst Du Dir ganz selbstverständlich den Sicherheitsgurt um. So sieht es die deutsche Straßenverkehrsordnung vor und angeschnallt bist Du auch wesentlich sicherer unterwegs. Doch wie sieht es eigentlich mit der Anschnallpflicht in Bussen aus? Warum gibt es unterschiedliche Regelungen für PKW, Linienbusse und Reisebusse? Hier erfährst Du mehr.

Eine kurze Geschichte der Gurtpflicht in Deutschland

Der erste Sicherheitsgurt der Welt wurde in den 1902 entwickelten Baker Torpedo, einem elektrisch betriebenen Geschwindigkeitsrekordwagen, eingebaut. In den 1950 Jahren führten die USA den aus Flugzeugen bekannte Beckengurt auch in PKW ein. 1959 erhielt der schwedische Volvo-Ingenieur Nils Ivar Bohlin dann das Patent für den heute noch verwendeten Dreipunkt-Sicherheitsgurt.

In der Bundesrepublik trat die Anschnallpflicht für Fahrer und Beifahrer in PKWs im Jahr 1976 in Kraft. Bereits seit dem 1. Januar 1974 müssen alle Neuwagen mit Sicherheitsgurten für die Vordersitze ausgestattet sein, seit 1979 auch mit Gurten für die Rückbank. Die Anschnallpflicht für Mitfahrende auf der Rückbank gilt allerdings erst seit 1984. Zum 1. August 1984 führte der Gesetzgeber auch ein Bußgeld bei Missachtung der Anschnallpflicht ein.

In der DDR durften Trabis und Wartburgs schon seit 1970 nur noch mit Sicherheitsgurten vom Band laufen – allerdings nur für Fahrer und Beifahrer. Auf den Rückbänken der DDR-Fahrzeuge gab es keine Gurte. Die Anschnallpflicht für PKW trat dort 1980 in Kraft.

Heute regelt die Straßenverkehrsordnung, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte während der Fahrt angelegt werden müssen (§ 21a Absatz 1 StVO).

Anschnallpflicht in Bussen: Diese Regeln solltest Du kennen

Busse gelten als besonders sichere Verkehrsmittel. Das zeigt auch die Statistik der polizeilich erfassten Verkehrsunfälle: Im Jahr 2020 gab es rund 2,25 Millionen Unfälle im Straßenverkehr, 264.499 davon mit Personenschäden, 2.719 Menschen kamen ums Leben. Busse waren an 4.490 Unfällen mit Personenschäden beteiligt, nur zehn Buspassagiere wurden tödlich verletzt.

Was bedeutet dies nun für die Gurtpflicht in Bussen? Hier gelten unterschiedliche Regelungen für Linienbusse, Schulbusse und Reisebusse.

1. Linienbusse

In Linienbussen gilt keine generelle Anschnallpflicht für Fahrer und Fahrgäste. Laut Straßenverkehrsordnung entfällt die Gurtpflicht, wenn Passagiere im Bus auch stehend mitfahren können. Das gilt selbst dann, wenn Sicherheitsgurte im Fahrzeug vorhanden sind (StVO § 21a). Der Grund dafür: Im öffentlichen Nahverkehr steigen ständig Passagiere aus und zu. Eine Gurtpflicht würde die Ein- und Ausstiegszeiten deutlich verlängern.

Übrigens: Um schweren Personenschäden bei Unfällen vorzubeugen, dürfen Linienbusse, die Personen stehend transportieren, außerorts nur mit maximal 60 km/h unterwegs sein.

2. Schulbusse

Für Schulbusse, die im Auftrag der Gemeinde unterwegs sind, entfällt die Gurtpflicht in der Regel ebenfalls. Kinder dürfen auf Stehplätzen transportiert werden, wenn der Omnibus über eine generelle Zulassung für Stehplätze verfügt.

3. Reisebusse

Reisebusse sind nun nicht nur im Stadtverkehr unterwegs, sondern fahren auch über die Autobahn, oft mit Geschwindigkeiten von über 80 km/h. Das erhöht das Risiko von Unfällen mit Personenschäden. Fahrgäste steigen auch deutlich weniger häufig zu oder aus als im öffentlichen Personennahverkehr. Entsprechend sieht die StVO für Reisebusse seit dem 1. Oktober 1999 eine Gurtpflicht vor. Reisebusse, die bereits vor diesem Stichtag zugelassen wurden, müssen allerdings nicht mit Sicherheitsgurten nachgerüstet werden.

Sind im Reisebus Anschnallgurte vorhanden, müssen Fahrgäste diese auch anlegen. Laut StVO dürfen sie sich aber kurz abschnallen, um zum Beispiel zur Toilette zu gehen oder den Sitzplatz zu wechseln. Busfahrer müssen die Passagiere vor der Abfahrt zum Anlegen der Anschnallgurte auffordern. Sie sind jedoch nicht dazu verpflichtet, die Einhaltung der Gurtpflicht zu überprüfen.

Gurtpflicht in anderen Fahrzeugen

Kleinbusse bis zu einem Gewicht von 3,5 Tonnen und mit maximal neun Sitzplätzen werden verkehrsrechtlich als PKW eingestuft. Fahrer und Mitfahrende müssen sich also anschnallen.

Für LKWs sind Sicherheitsgurte seit 1992 vorgeschrieben. In Wohnmobilen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,5 Tonnen müssen sich Fahrer und Mitfahrende ebenfalls anschnallen, auf den hinteren Sitzen reichen allerdings verankerte Beckengurte aus.

In Straßenbahnen und U-Bahnen verhält es sich ähnlich wie in Linienbussen: Passagiere dürfen auch im Stehen mitfahren und Fahrgäste steigen häufig aus und zu. Daher entfällt die Anschnallpflicht. Gleiches gilt im Fernverkehr der Bahn.

Die Gurtpflicht in Passagierflugzeugen regeln die einzelnen Airlines in ihren Beförderungsrichtlinien. Ob Du während des Flugs angeschnallt bleiben musst oder nicht, kann sich daher von Airline zu Airline unterscheiden. In der Regel weisen die Flugbegleiter und Flugbegleiterinnen Dich vor dem Abflug auf die konkreten Regelungen zur Anschnallpflicht hin.

Info: Gurtpflicht international

In den meisten Ländern müssen sich sowohl Fahrer als auch Mitfahrende in PKWs anschnallen. Es gibt nur wenige Länder, in denen überhaupt keine Anschnallpflicht besteht. Dazu gehört zum Beispiel Bolivien. Auch in den USA herrscht eine allgemeine Gurtpflicht – außer im Bundesstaat New Hampshire. Hier gilt Freiheit als oberste Maxime. Eine Anschnallpflicht passt nicht zu dieser Idee der Selbstbestimmung.

Diese Strafen drohen bei Verstößen gegen die Gurtpflicht

Schnallst Du Dich im Auto oder im Reisebus nicht an, riskierst Du ein Bußgeld von 30 Euro. Der Bußgeldkatalog sieht weiterhin eine Buße von 30 Euro vor, wenn ein Kind unangeschnallt mitfährt. Bei mehreren nicht angeschnallten Kindern erhöht sich das Bußgeld auf 35 Euro.

Sind Autofahrer ohne Sicherheitsgurt unterwegs und es kommt zu einem Unfall, kann sich der Schmerzensgeldanspruch reduzieren, da ihnen eine Mitschuld an der Schwere der Verletzungen zugesprochen wird.

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