Mobilitätspodcast und Masterarbeit – wie hängt das zusammen? Im Gespräch mit David Blome

Podcasts haben sich in den letzten Jahren zu einem etablierten Informationsmedium entwickelt. Aber können Podcasts darüber hinaus auch in der Wissenschaft genutzt werden? Die Antwort auf diese Frage gibt David Blome, Student der Universität Bielefeld. In seinem Masterstudium hat sich der 25-Jährige mit dem Thema Podcasts im Mobilitätsbereich beschäftigt und hat im Rahmen seiner Masterarbeit insgesamt drei Podcasthosts interviewt, u.a. Julien Figur, CEO von Hanse Mondial und Host des Podcasts „Mobilität der Zukunft“.
Dabei wollte er vor allem herausfinden, welche Absichten mit der Produktion von Podcastsendungen zu den Themen alternative Mobilität und Verkehrswende verfolgt werden und auf welche Art und Weise die Inhalte kommuniziert werden. Zu welchem Ergebnis David gekommen ist und wie er sich die zukünftige Mobilität vorstellt, hat er uns ebenfalls im Interview verraten. 

Warum hast du dich in deiner Masterarbeit mit dem Thema Mobilität befasst? Und warum mit dem Teilbereich der Mobilitätspodcasts?

David: Ursprünglich hatte ich überlegt, meine Masterarbeit über die Stadt der Zukunft zu schreiben, aber je mehr ich mich in das Thema eingelesen habe, desto mehr wurde mir klar, dass mich dabei vor allem der Aspekt der Mobilität anspricht. Wie wollen wir uns in Zukunft fortbewegen? Und wie kann die Transformation hin zu einem zukunftsfähigen Verkehrssystem gelingen? Während meiner ersten Recherchen habe ich vor allem Podcasts genutzt, um das Feld der Mobilität näher kennenzulernen. Dabei habe ich schnell gemerkt, dass sich diese Art von Mobilitätspodcasts nicht nur als Quelle, sondern vielmehr auch als Forschungsgegenstand eignen. Besonders interessiert hat mich dabei die Frage, warum und wie solche Formate entstehen. 

Welchen Beitrag können Sozial- und Politikwissenschaften denn überhaupt zur Debatte über die Verkehrswende beisteuern?

David: Mobilität ist viel mehr als nur Auto, Bus oder Fahrrad. Sie umfasst immer auch soziale, kulturelle und sozioökonomische Faktoren. Die Art, wie wir uns fortbewegen, ist beispielsweise abhängig von unserem Einkommen, unser Bildung und unserem Alter. Es gibt sogar große geschlechtsspezifische Unterschiede in der Verkehrsmittelnutzung. Frauen legen weitaus mehr, aber dafür kürzere Strecken zurück, als Männer. Unsere Wahl der Verkehrsmittel hat aber nicht nur etwas mit unseren individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten zu tun, sondern auch mit den gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Strukturen. Die Sozial- und Politikwissenschaften zeigen beispielsweise auf, welche Auswirkungen das aktuelle Verkehrssystem auf die Gesellschaft hat, welche verkehrspolitischen Maßnahmen zur Verfügung stehen, welche politischen und wirtschaftlichen Strukturen oder individuellen Verhaltensmuster die Verkehrswende blockieren oder wie Bürgerinnen und Bürger an den Transformationsprozessen beteiligt werden können.

Wie sieht die Wissenschaft die Rolle von Bussen und Reisebussen für den zukunftsfähigen Mobilitätsmix?

David: Die Verkehrswende kann auf drei unterschiedlichen Wegen erfolgen: Durch die Vermeidung von Verkehr, durch die Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel und durch die Antriebswende, also den Umstieg auf klimafreundlichere Energiequellen. Busse und der gesamte ÖPNV sind dabei Teil des Umweltverbunds, also von umweltfreundlichen Alternativen zum Auto. Der Ausbau von Busnetzen gilt als eine der sogenannten Pull-Maßnahmen, die solche Alternativen attraktiver gestalten. Im Gegensatz dazu gibt es auch die oft kontrovers diskutierten Push-Maßnahmen, die das Autofahren unattraktiver machen sollen, beispielsweise autofreie Zonen oder die Citymaut. Busse und Züge sind somit mit Sicherheit Kernelemente der Verkehrswende und auch der Mobilität der Zukunft, vor allem, wenn auch hier der Umstieg auf klimafreundliche Energiequellen gelingt und die Busse nicht mehr von Diesel angetrieben werden, sondern beispielsweise von Wasserstoff. Leider gehört auch der ÖPNV zu den großen Verlierern der Corona-Pandemie: Um das Infektionsrisiko zu senken, wurden Busse und Züge zuletzt stark gemieden. Auf lange Sicht sind sie aber ein unerlässlicher Bestandteil der Verkehrswende. Gerade die Anbindung des ländlichen Raums durch „normale“ Busse, „Rufbusse“ oder ähnliche Konzepte kann hier eine unglaublich wichtige Rolle spielen.

Was hast du mit deiner Forschung zu den Mobilitätspodcasts herausgefunden?

David: Die Macher von Mobilitätspodcasts wollen ein Bewusstsein für das Thema und die Relevanz der Verkehrswende schaffen. Dazu zeigen sie anhand von Best Practices auf, dass es große Unterschiede gibt zwischen unserem aktuellen Verkehrssystem und dem, was möglich ist. Einer der Podcaster, die ich interviewt habe, hat dafür ein schönes Bild gefunden. In vielen Städten gibt es Modellviertel, in denen anhand von Verkehrsversuchen die Mobilität von morgen getestet wird, beispielsweise indem Straßen zu Fußgängerzonen umgebaut oder temporäre Fahrradwege errichtet werden. Solche Viertel machen die Verkehrswende erlebbar und zeigen auf, was möglich ist. Mobilitätspodcasts sollen genauso funktionieren, sie werden zu einer Art „Modellviertel im Kopf“. So sollen die Podcasts zum Nachdenken anregen und dazu beitragen, dass ihr Publikum mit etablierten Denkmustern bricht. Die Podcast-Hosts möchten auf diese Weise die subjektiven und emotionalen Faktoren beeinflussen, die eine Verkehrswende oft behindern. Sie hoffen aber auch darauf, mit ihren Beiträgen das Publikum zum Mitmachen anzuregen und es dazu zu inspirieren, die eigene Alltagsmobilität zu überdenken.

Was bedeutet das für die Mobilitätsbranche im Allgemeinen und für die Busbranche im Speziellen?

David: Für Vertreter der Mobilitätsbranche (aber auch für jeden anderen) kann es sehr spannend sein, in solche Mobilitätspodcasts einfach einmal reinzuhören. Sie machen auf aktuelle Herausforderungen, innovative Neuheiten oder Trends in der Szene aufmerksam und schaffen ein besseres Verständnis für Aspekte, die man vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hat. Für mich war zum Beispiel Juliens Interview mit dem Aktivisten Raul Krauthausen sehr interessant, der verdeutlicht, dass selbst die neusten Mobilitätsangebote nur selten barrierefrei sind. Ich glaube außerdem, dass die Präsentation des eigenen Unternehmens in Mobilitätspodcasts sehr hilfreich sein kann, um zum einen das eigene Unternehmen bekannt zu machen und Kontakte zu knüpfen, zum anderen aber auch, um andere Menschen dazu zu inspirieren, ihren Teil zur Verkehrswende beizusteuern.

Was wünscht du dir persönlich für die Mobilität der Zukunft?

David: Ich wünsche mir ein umweltfreundliches, sicheres und sozial gerechtes Verkehrssystem mit einer großen Auswahl an Alternativen zum motorisierten Individualverkehr. Dass wir uns von der Abhängigkeit vom Auto lösen wollen (*und das tun über 80 Prozent der Deutschen) setzt natürlich den massiven Ausbau von Bus- und Schienennetzen und die Abkehr von etablierten Verhaltensmustern voraus. Zahlreiche kleine Projekte zeigen jedoch auf, dass die Mobilität von morgen schon heute funktioniert – und, dass es auch großen Spaß machen kann, diese Veränderung aktiv mitzugestalten. 

Lieber David, herzlichen Dank für das Interview und alles Gute für deine Zukunft!

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*Quelle: ADFC Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V. (2018). So geht Verkehrswende – Infrastrukturelemente für den Radverkehr (1). Berlin, Deutschland: ADFC.

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